Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Von besonderem Interesse - Staatsbürgerschaft

Die Süddeutsche Zeitung hat sich in der Printausgabe vom 2./3. April 2022 (bzw. online am 4. April 2022) mit der Frage der Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik sowie mit Fragen der Doppelstaatsbürgerschaft befasst. Zu letzterem Themenschwerpunkt wurde Rechtsanwalt Mag. Balazs Esztegar LL.M. als Experte für österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht befragt.

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik stellt ein besonders Verleihungsverfahren dar. Diese Verleihung ist gegenüber den sonstigen Verleihungstatbeständen auch in vielerlei Hinsicht privilegiert. Wenn die Verleihung der Staatsbürgerschaft an eine bestimmte Person aufgrund der von ihr erbrachten und noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt, sind die ansonsten zentralen Verleihungsvoraussetzungen beinahe zur Gänze hinfällig. So können Verleihungswerber in diesem Fall

  • ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten,
  • auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichten
  • auch ohne den Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts Staatsbürger werden und
  • den Antrag auch gänzlich ohne Aufenthalt in Österreich stellen.

Damit rückt diese Verleihungsform natürlich immer wieder in das mediale Interesse und sorgt manchmal für Verwunderung und Argwohn. Tatsache ist allerdings, dass ein Staat stets ein "besonderes Interesse" an Personen haben kann, die außerordentliche Leistungen vorzuweisen haben.

Wenngleich der Beitrag den Eindruck erweckt, dass man die österreichische Staatsbürgerschaft kaufen könnte, ist das allerdings nicht richtig. Tatsächlich reicht ein "Goldenes Investment" (im Gegensatz zu anderen Staaten) nicht aus und die Voraussetzungen sind vielschichtiger. Ebenso kann nicht von einem Eilverfahren gesprochen werden, da die Entscheidung über derartige Einbürgerungen einen Beschluss des Ministerrates erfordert. Zwar sieht die hierfür maßgebliche Verordnung vor, dass derartige Agenten zweimal im Jahr auf die Tagesordnung kommen sollen, in der Praxis passiert das jedoch eher unregelmäßig. Eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren ist daher nicht ungewöhnlich.

Rechtsanwalt Mag. Balazs Esztegar LL.M. wurde zwar nicht zu dieser besonderen Verleihung der Staatsbürgerschaft, aber zu anderweitigen Möglichkeiten einer Doppelstaatsbürgerschaft befragt. Da sich die Verleihungen im besonderen Interesse der Republik auf etwa 20-30 Fälle im Jahr beschränken, stellen sie auch nicht die häufigsten Fälle für Doppelstaatsbürgerschaften dar. Abstammung von unterschiedlichen Staatsbürgern, Geburt in einem Staat mit ius soli oder der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Anzeige für Nachkommen von NS-Vertriebenen sind in der Praxis deutlich häufiger.

Tatsache bleibt, dass Doppelstaatsbürgerschaften nach österreichischem Recht eher die Ausnahme, als die Regel sind, auch wenn das in einer international gewordenen Welt vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß erscheint.

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