Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Die Wanderhure als Wortmarke zulässig

Die Anmeldung des Begriffes "Die Wanderhure" als Gemeinschaftswortmarke ist zulässig und verstößt nicht gegen das Eintragungshindernis nach Art 7 (1) (f), (2) GMV.

Die Autoren und der Verlag des bekannten Romans "Die Wanderhure", von dem mittlerweile auch eine erfolgreiche Verfilmung existiert, meldeten die Wortfolge beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als Gemeinschaftswortmarke an. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis umfasste vorwiegend Bücher und andere Datenträger, Werbeträger und Dienstleistungen im Bereich Werbung, Marketing und Telekommunikation, sowie kulturelle Aktivitäten. 

Die Markenanmeldung wurde mit dem Argument zurückgewiesen, dass der Begriff gegen die guten Sitten bzw. die öffentliche Ordnung verstoße. Infolge des von den Anmeldern dagegen erhobenen Rechtsmittels entschied die Vierte Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes jedoch, dass am Buchtitel und somit an der Marke für die genannten Waren- und Dienstleistungen nichts Anstößiges auszusetzen sei. 

Die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz ist im Übrigen ein gutes Bespiel dafür, dass es Juristen nicht am nötigen Humor fehlt. So wird etwa als Begründung ins Treffen geführt, dass 

die angefochtene Entscheidung die Erwähnung eines Phänomens mit dem Phänomen selbst vermische. Sie eigne sich hervorragend zum Verbot von Krimis mit dem Wort "Mord" im Titel, denn bekanntlich sind Morde gemäß § 211 des deutschen Strafgesetzbuchs ein Verbrechen, und es gibt nichts sittenwidrigeres als solche zu begehen, und sie eigne sich hervorragend, den Liedermacher Reinhard Mey dem Scheiterhaufen zu überantworten, weil mit dem Lied "Der Mörder war immer der Gärtner" letztgenannter Berufsstand sittenwidrig verunglimpft worden sei. Kurz: Die angefochtene Entscheidung versäume die Unterscheidung von Fact und Fiction.

Ebenso wird erläutert, dass

im gegenwärtigen Sprachgebrauch der Begriff "Wanderdienstleistungserbringerin" nicht existiere. Auch das in ihm beschriebene soziale Phänomen existiere in der Gegenwart nicht. Das Anmeldezeichen nehme daher auf die versunkene Welt des Mittelalters Bezug, über die wir so wenig wissen, dass man über sie um so besser fantasieren könne.

Letztlich gelangt die Vierte Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes zu der Überzeugung, 

die Wanderdame dürfe also weiterwandern, und ihre Wanderwege können mit "wissenschaftlichen und Vermessungs-Instrumenten" kartographiert, in "Loseblattsammlungen" regelmäßig aktualisiert, mit "OCR-Zeichenerkennung" aufbereitet, in "Chat-Rooms" breitgetreten und zur "sportlichen Aktivität" erklärt werden, wobei die Kammer selbstverständlich davon ausgehe, dass mit den beanspruchten "Erziehungs"-Dienstleistungen solche der gemeinnützigen Sozialarbeit gemeint seien und nicht solche der Erziehung zur Prostitution.