Dass "Österreich keine Doppelstaatsbürgerschaft zulasse", scheint eine absolute Wahrheit zu sein, die in der Öffentlichkeit weitgehend bekannt ist. Tatsächlich richtig ist sie aber nicht: Es bestehen mehrere mögliche Fallkonstellationen, in denen jemand neben der österreichischen Staatsbürgerschaft auch noch eine (oder manchmal sogar mehrere) weitere Staatsangehörigkeit haben kann. Richtig ist freilich, dass der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Verleihung im Regelfall (wohlgemerkt: auch nicht in jedem Fall!) den Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit verlangt. Richtig ist auch, dass im Fall des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit durch einen österreichischen Staatsbürger der "automatische" Verlust der Staatsbürgerschaft eintritt. Abseits dessen gibt es jedoch durchaus Fälle, in denen jemand - auch neben der österreichischen Staatsbürgerschaft - weitere Staatsangehörigkeit besitzen kann.
Die wohl praxisrelevanteste Situtation ist etwa die Abstammung von Eltern, die unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben. Wohlgemerkt ist es auch hier nicht jedenfalls so, dass das Kind vorbehaltlos und immer beide Staatsangehörigkeiten durch Abstammung erwirbt. Allerdings kann diese Konstellation sehr häufig zu mehrfacher Staatsangehörigkeit führen. Ähnliches gilt auch, wenn die Geburt in einem Staat erfolgt, das ein Geburtslandprinzip ("ius soli") kennt.
Bei Volljährigen ist die Situation allerdings schon etwas komplexer. Zu nennen wären hier etwa Nachkommen früherer StaatsbürgerInnen, die während oder unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg wegen der Verfolgung geflüchtet sind oder sogar von Organen des Deutschen Reiches ermordet wurden. Diese Personengruppe kann die österreichische Staatsbürgerschaft nach § 58c StbG erwerben, ohne dass sie auf ihre bisherige Staatsangehörigkeit verzichten müsste.
Vor allem für ÖsterreicherInnen, die im Ausland leben, ist freilich die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft ein weiterer, grundsätzlich möglicher Weg, eine weitere Staatsangehörigkeit zu erwerben. In der Praxis ist dies jedoch schwer durchsetzbar bzw. die Behördenpraxis nicht immer vorhersehbar.