Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt Wien


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Wer für die Ukraine kämpft, kann Staatsbürgerschaft verlieren

Der ukrainische Präsident hat unlängst auch Angehörige anderer Staaten eingeladen, freiwillig für die Ukraine zu kämpfen und angekündigt, eine ausländische, "internationale" Legion für Freiwillige aufbauen zu wollen. Aber dürfen österreichische Staatsbürger in der Ukraine zur Waffe greifen? Zu dieser Frage hat die Tageszeitung "Die Presse" Rechtsanwalt und Staatsbürgerschaftsrecht-Experten Mag. Balazs Esztegar LL.M. befragt.

Aufgrund der Einladung von Präsident Wolodymyr Selenskij, wonach "jeder, der sich der Verteidigung der Ukraine, Europas und der Welt anschließen will, kommen und Seite an Seite mit den Ukrainern gegen die russischen Kriegsverbrecher kämpfen" könne, ist es angebracht, die möglichen Konsequenzen für österreichische Staatsbürger näher zu beleuchten, die dieser Aufforderung nachkommen. Hierzu enthält § 32 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) einen eigenen Entziehungstatbestand:

§ 32. Einem Staatsbürger, der freiwillig in den Militärdienst eines fremden Staates tritt, ist die Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Im Unterschied zum (automatisch eintretenden) Verlust der Staatsbürgerschaft, etwa bei freiwilliger Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit, erfolgt die Entziehung im Rahmen eines behördlichen Verfahrens und wird mit Bescheid der Staatsbürgerschaftsbehörde verfügt. Die gesetzliche Formulierung "ist zu entziehen" stellt jedoch klar, dass bei Vorliegen der Tatbestandselemente der Behörde kein Ermessensspielraum für die Entziehung bleibt. Allerdings setzt die Entziehung den freiwilligen Eintritt in den fremden Militärdienst voraus; wer etwa als Doppelstaatsbürger (hier zB: Österreich und Ukraine) aufgrund einer allgemeinen Wehrpflicht einberufen wird, tritt nicht freiwillig in den fremden Militärdienst ein.

Doch selbst wenn man nicht Teil der staatlichen Streitkräfte eines fremden Staates wird, besteht eine gewisse Gefahr für die Entziehung der Staatsbürgerschaft gemäß § 33 Abs 2 StbG wegen der aktiven Teilnahme an bewaffneten Kampfhandlungen im Ausland:

Einem Staatsbürger, der freiwillig für eine organisierte bewaffnete Gruppe aktiv an Kampfhandlungen im Ausland im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes teilnimmt, ist die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn er dadurch nicht staatenlos wird.

Als Reaktion auf den Aufruf Selenskijs haben bereits die britische Außenministerin und das lettische Parlament erklärt, ihren eigenen Staatsangehörigen diese Möglichkeit nicht nur offen zu lassen, sondern teilweise auch zu fördern. In Österreich wären solche Unterstützungsmaßnahmen von staatlicher Seite wohl im Hinblick auf die Neutralität problematisch und sind wohl nicht zu erwarten. Eine "Ausnahmegenehmigung" ist im Staatsbürgerschaftsgesetz auch nicht vorgesehen und mangels Ermessensspielraum bei der Entziehung könnte wohl nicht einmal die Staatsbürgerschaftsbehörde "ein Auge zudrücken".

Folglich besteht für österreichische Staatsbürger, die freiwillig der ukrainischen Armee beitreten oder in der Ukraine an Kampfhandlungen teilnehmen, eine erhebliche Gefahr für die Entziehung der Staatsbürgerschaft.

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