Die Geschäftsführerhaftung ist eine tückische Sache: Da die Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, haften nach § 9 VStG die zur Vertretung nach außen berufenen Organe für Verwaltungsübertretungen, die die Gesellschaft begangen hat. In erster Linie trifft diese Haftung daher die Geschäftsführer. Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft der vormaligen Geschäftsführerin der ausländischen Kapitalgesellschaft ein Straferkenntnis zugestellt und über sie eine Strafe von insgesamt mehr als EUR 20.000,00 wegen Vergehen nach dem AVRAG verhängt.
Bescheid muss Rechtsmittelbelehrung enthalten
Gegen derartige Straferkenntnisse von Verwaltungsbehörden steht das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde an das Verwaltungsgericht (Bescheidbeschwerde) gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 und 132 Abs 1 Z 1 B-VG zu, die binnen eines Monats ab Zustellung des Bescheides erhoben werden kann. Gemäß § 58 Abs 1 AVG hat jeder Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Gemäß § 61 Abs 1 AVG hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben,
- ob gegen den Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann,
- bejahendenfalls welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und
- bei welcher Behörde und
- innerhalb welcher Frist es einzubringen ist.
Das der Beschuldigten zugestellte Straferkenntnis jedoch enthielt keine Rechtsmittelbelehrung, sodass die Beschuldigte, die im Zeitpunkt der festgestellten Verwaltungsübertretungen überhaupt nicht mehr Geschäftsführerin der Gesellschaft war, in der Folge kein Rechtsmittel erheben konnte. Erst nach anwaltlicher Beratung stellte sich heraus, dass sie die die Möglichkeit einer Beschwerde gehabt hätte, aber die Rechtsmittelfrist zur Erhebung der Beschwerde versäumt hatte, weil die Verwaltungsbehörde sie hierüber nicht aufgeklärt hat.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Wenn eine Partei im Verwaltungsverfahren eine Rechtsmittelfrist versäumt, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei, ist nach § 71 Abs 1 Z 2 AVG iVm § 24 VStG auf Antrag dieser Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dieser Antrag ist gemäß § 71 Abs 2 AVG binnen zwei Wochen nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit des Rechtsmittels Kenntnis erlangt hat, einzubringen. Gleichzeitig ist die versäumte Prozesshandlung (Beschwerde an das Verwaltungsgericht) nachzuholen.
Rechtsanwalt Mag. Balazs Esztegar LL.M. vertrat die vormalige Geschäftsführerin im Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte aus, dass
die Beschwerdeführerin rechtzeitig das zulässige Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen hätte, wenn das angefochtene Straferkenntnis eine gesetzeskonforme Rechtsmittelbelehrung enthalten hätte.
Die Verwaltungsbehörde bewilligte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist, sodass sich in weiterer Folge das Verwaltungsgericht mit der Beschwerde inhaltlich auseinander setzen wird.